Berichte von 10/2016

Elternbesuch

Donnerstag, 06.10.2016

Im Großen und Ganzen haben wir in Vernon beziehungsweise im Sparkling Hill eine gute Zeit gehabt. Wir haben viele nette neue Leute kennen gelernt. Einige etwas mehr, die anderen weniger. In der Küche hat man doch so einiges mitgenommen, gelernt und festgestellt, vorallem dass das Küchenpersonal wohl im Allgemeinen doch etwas sehr spezielles ist. Und das nicht nur in Kanada wie man uns mitteilte. XD Da das Sparkling auf einem Hügel mitten im Nirgendwo steht ist man meistens auch gezwungen seine Abende vor Ort im, beziehungsweise auf dem Parkplatz vorm Staffhouse zu verbringen, wenn die Staffhousemutti wieder gemeckert hat. Ab und an haben wir es geschafft an unseren freien Tagen in die Natur an den Hidden Lake zu flüchten. Der Name war tatsächlich Programm, mussten wir nach der ersten Anfahrt durch Wald und über die etwas holprigen 12 km langen Kiesstraße feststellen, wobei sich die Fahrt schon kurz nach der Ankunft und dem Anblick der scheinbar unberührten Natur gelohnt hat.

 

Nach unserer zweiten Arbeitsperiode von 6 Wochen für das Hotel, das gerne etwas mehr sein möchte als es ist, hieß es dann Abschied nehmen von einigen Leuten die uns wirklich schon ans Herz gewachsen sind und unseren Chevy packen. Nächster Stopp. Vancouver Airport.

Ich glaub ich hab mich noch nie so sehr gefreut meine Eltern zu sehen. An dem Vormittag vor ihrer Ankunft waren Sari und ich nochmals shoppen in einem Outlet gleich neben dem Airport und ich war tatsächlich schon sehr nervös Mama und Papa endlich wieder in die Arme zu nehmen. Als Sari und ich sie dann am Ausgang in Empfang nahmen, haben sie uns doch glatt bis auf zwei, drei Meter nicht gesehen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl die beiden zu sehen. Die nächsten zweieinhalb Wochen hieß es also die geballte Ladung Eltern. ;) Nach dem ersten Ankunftszigerettal fuhren wir alle gemeinsam Richtung Downtown, zu der für 9 Tage gemieteten Wohnung am Rande von Chinatown. Den ersten Abend verbrachten wir gemeinsam auf dem Balkon des Apartments wo wir einige unserer Reisegeschichten noch ausführlicher erzählten, nicht immer ganz zur Freude von der Mama aber es ging ja alles gut und meistens waren es auch lustige Erlebnisse. Am nächsten Tag erkundeten wir Downtown zu Fuß von Ost nach West, wieder zurück und auf den Fernsehturm ging mittags und abends hinauf. Leider mussten wir abends auch feststellen, dass Vancouver eine typische kanadische Großstadt mit unzähligen Obdachlosen und Drogenabhängigen ist, die abends schon fast an jeder Ecke liegen und sitzen. Nichts desto trotz war es ein sehr schöner erster Tag, an dem wir uns einen groben Überblick der City verschafft haben. Gleich am nächsten Morgen haben wir uns dazu entschieden, Downtown dieses mal mit Fahrrädern zu erkunden. Eine schnelle und vor allem günstige Variante schien für mich, die von der Stadt zur Verfügung gestellten Fahrräder zu nutzen, die es an fast jeder Ecke in automatisch gesteuerten Fahrradständer zu holen gab. 7,50 kanadische Dollar waren natürlich zu verlockend und versschafften uns eine super erste Stunde bis uns eine Fußgängerin fragte was die Fahrräder kosten und ich mich durch sie schon sehr verunsichern ließ. Bevor wir also in das Vancouver Aquarium fuhren steuerten wir nochmals einen der Fahrradständer an (bereits auf der anderen Seite von Downtown) und musste tatsächlich mit erschrecken feststellen, dass lediglich die Anmeldung der Räder 7,50 kostete und jede weitere halbe Stunde 5 Dollar. Somit hätte uns der Tag mit den Rädern ungefähr zwischen 4 und 500 Dollar gekostet. XD Des wär a sauberne Überraschung am Kontoauszug gewesen. Danke nochmal an die nette Dame im Park die uns auf die Preise hingewiesen hat. Es war aber auch ziemlich verwirrend aufgelistet. Also nun aber ab zu den Delphinen, Belugawalen und Pinguine. Zum Aquarium selber muss ich noch erwähnen, dass alle Tiere die dort leben oder aufgezogen werden Findelkinder sind oder einige ältere Exemplare, die in anderen Zoos oder Parks nicht mehr gebraucht wurden. Außerdem arbeiten über 75 % der Angestellten ehrenamtlich und engagieren sich in ihrer Freizeit zudem noch für den Tierschutz. Wirklich mal eine feine Sache.

Wo wir gerade bei den Tieren sind. Am nächsten Tag erfüllte sich für meine Mama ein lang ersehnter Lebenstraum. Gemeinsam mim Bab fuhr sie auf einem sogenannten Zodiak weit hinunter an der Westküste bis zu den momentanen Aufenthaltsorten der Orkas. Das zuverlässigste Taxiunternehmen Vancouvers von Sari und Chris brachte die beiden am frühen Morgen zum Hafen von Richmond, von wo aus die Reise auf dem Wasser weiter gehen sollte. Auf ihrer fünf stündigen Tour haben sie so einiges an Natur und Wildlife von Kanada erleben dürfen. Zum einen die riesigen Weißkopfseeadler, Herden von Robben die sich faul am Strand und den Steinen zwischen den Fjörden die Sonne auf den Bauch scheinen ließen und natürlich Mamas geliebte Orkas. Bullen mit ihren gewaltigen Rückenschwertern, Weibchen mit ihren Kälbern und Herden der majestätischen Tiere. Als sie zurück kamen und wir schon mit einem Gläschen Wein auf die beiden am Pier warteten, funkelten die Augen von Mama wie von einem kleinen Kind, das gerade zum ersten Mal den hell erleuchteten Weihnachtsbaum sieht. Und da Bab. Ja dem hat`s auch gefallen. XD

Die restlichen Tage in Vancouver waren wir nicht weniger aktiv. Vom Besuch des Marktes bis über Joggen am Pacific war alles dabei. Ein besonderes Ereignis war zudem noch das Hummeressen bei Rodneys Oyster House. Wir waren wandern in den Wäldern Nord Vancouvers wo wir in einer so genannten Hatchery die Lachse beobachten konnten wie sie den Fluss stromaufwärts zu ihren Leichplätzen schwammen. Einen solchen Lachs haben wir uns natürlich auch noch einmal gönnen müssen. Fangfrisch von einem Fischer aus Richmond direkt vom Boot gekauft. Ein Monster Teil mit ungefähr 8 Pfund den wir aber trotz massiven Kampfgewichts am ersten Abend zu drei viertel verputzten weil er so sau gut war.

Nach neun Tagen hatten wir genug von der Großstadt und machten uns auf, Richtung Norden. Meine Eltern im geliehenen Wohnmobil und Sari und ich in unserem Chevy. Am ersten Tag versuchten wir gleich so viele Kilometer zu schaffen wie möglich. Am Abend, nachdem wir mehr als die Hälfte nach Jasper zurückgelegt haben, schlugen wir unser erstes Lager an einem sehr schönen Campingplatz in der Nähe von Kamloops auf. Ein herrlicher erster Tag mit phänomenalen Bergpanoramen und endlos weiten Straßen, abgeschlossen mit einem Lagerfeuer und Bavarian Sausages. Herrlich. Am nächsten Abend sind wir in Jasper angekommen und steuerten den wohl größten Campingplatz in den Rockies an. Mit 780 Plätzen meint man förmlich in einer kleinen Campingstadt zu sein. Aber dem Saisonende sei Dank war nicht gerade viel los und die meisten Gäste waren auf dem riesigen Areal kaum wahr zu nehmen. Die erste Nacht im Nationalpark war gut überstanden. Zum Teil. Zitat von Mama: „Ich glaub ich hab noch nie in meinem Leben so gefroren.“ Auf die Frage hin warum sie denn nicht die Heizung eingeschalten haben kam nur zur Antwort, dass sie es nicht wussten wie und uns nicht wecken wollten. Dann kanns ned so schlimm gewesen sein. ;) Da Bab hat auch gut geschlafen.

 

Den ersten Tag nutzten wir um einen schönen Rundwanderweg zu gehen und das herrliche Wetter zu genießen. Nach der zwei Stündigen Wanderung fuhren wir noch gemeinsam zu dem Lake Anette der in der Nähe von Jasper ist und ruhten uns dort ein wenig aus. Den Elk Bullen mit seinen 10 Mädels immer im Blick konnten wir den Tag so richtig schön ausklingen lassen. Auf dem Heimweg kehrten wir in die örtliche Micro Brauerei ein, wo es bodenständiges kanadisches Essen wie Elk und Bison gab, mit hausgebrautem IPA. Danach fuhren wir zurück in das Camping Dorf und wärmten uns am Lagerfeuer nochmal auf bevor die Nacht kam. Glücklicherweise war es dieses Mal nicht mehr so kalt und Mama hatte die Kontrolle der Heizung erlernt, um ihren Camper aufzuheizen.

 

Ein weiteres Muss war der Besuch des Lake Maligne, bei dem Sari und ich schon im Frühjahr waren, zu dem aber leider kein Zugang wegen Schnee und Eis war. Nicht so dieses Mal. Mit dem Kanu und der Angel im Gepäck machten Sari und ich uns auf, den See vom Wasser aus zu erkunden, während meine Eltern das Ufer zu Fuß abwanderten. Entweder ich bin absolut nicht geeignet zu angeln oder in Kanada gibt es keine Fische mehr. Auf jeden Fall war ich wieder mal erfolglos. Schön war es trotzdem. Auf dem 50 Kilometer langen Rückweg machten wir noch Stopp am Maligne Canyon, wo auch dort der gewaltige Unterschied zwischen Winter und Sommer zu sehen war.

Ein weiteres Highlight in Jasper war noch der Abendliche Besuch auf der Bergstation des Mount Whistlers, mit dem Sari und ich schon im April Bekanntschaft machen durften. Nicht so dieses Mal. Wir fuhren alle mit der Gondel auf den Gipfel um an der Veranstaltung des örtlichen Planetariums teil zu nehmen. Leider war es genau an diesem Tag etwas bewölkt, was den Blick auf die Sterne etwas erschwerte. Nichts desto trotz war auch dies wieder ein ganz besonderes Erlebnis.

Da die Zeit mit dem Camper begrenzt war, machten wir uns am nächsten Tag auf nach Süden über den Icefields Parkway zwischen den Gletschern durch. Am selben Abend kamen wir noch am Lake Louise an, wo allerdings nur ein schnelles Foto gemacht wurde um anschließend von den Massen an Touristen zu unserem Campingplatz zu flüchten. Eigentlich wollten wir am nächsten Morgen zum Moraine Lake fahren, dar aber die Zufahrtsstraße bereits um 11 Uhr Vormittag wegen Überfüllung gesperrt war entschieden wir uns die Reise Richtung Banff fortzusetzen. Anderer Ort. Gleiches Spiel. Der Campingplatz war schnell gefunden. Natürlich wie immer, mit Feuerstelle. Wir nutzten den Kostenlosen Shuttle Service zur Stadt und verbrachten den sonnigen Nachmittag in Banff Downtown. Nach Burgern, Wein und ein, zwei Bierchen ging es wieder zurück zu unserem Nachtlager.

Nachdem sich die Zeit mit dem geliehenen Camper zu Ende neigte setzten wir die Fahrt Richtung Calgary fort wo wir am nächsten Tag auch gut ankamen. Dieses Mal hatten wir eine super Wohnung mitten in Downtown, mit genug Platz und fantastischer Aussicht über die Stadt. Sari und ich mussten außerdem feststellen, dass es einer der sympathischsten Städte ist, in der wir bisher waren und bedauerten es fast ein bisschen nicht schon eher hier gewesen zu sein.

Der letzte Abend mit meinen Eltern war angebrochen. Ein komisches Gefühl. Wenn man eine so schöne Zeit miteinander verbringt vergeht sie einfach noch schneller, vor allem wenn man viel gesehen und erlebt hat wir in den letzten zweieinhalb Wochen. Ich freue mich heute schon wieder die beiden irgendwann im Februar in die Arme zu nehmen. Doch dann auf heimischen Boden.

Für Sari und mich ging es am nächsten Tag dann weiter nach Winnipeg, der Hauptstadt von Manitoba. 1300 Kilometer Richtung Osten durch die scheinbar endlosen Weiten der kanadischen Steppe. Der Grund für diese Reise war, dass wir unseren Zug bekommen mussten der mitten ins Nirgendwo fuhr. Churchill an der Hudson Bay. Bekannt als Hauptstadt der Eisbären, nur zu erreichen mit dem Flugzeug oder per Bahn. Die Schienenverbindung im Vergleich zum Flug ist um das Vierfache günstiger, also entschieden wir uns für diese Variante. Die 45 Stunden Zugfahrt über 1700 Kilometer waren erstaunlich komfortabel und relativ schnell vergangen. Wir hatten die Stadt Churchill schon eher in diesem Jahr im Auge, wobei wir sofort wieder davon abkamen hierher zu fahren, weil es schlichtweg viel zu teuer ist. Zugfahrt hin und zurück 800 Dollar. 2 Übernachtungen mit Expedition zu den Eisbären: ab 3000 Dollar pro Person!!! Und dann ist noch nicht einmal das Essen dabei. Also hatten wir uns schlau gemacht, wie man das anders regeln könnte. Jetzt ist es so, dass wir für einer der hier ansässigen Lodges in der Küche arbeiten, gutes Geld verdienen, umsonst wohnen und kostenlos zu den Eisbären fahren können an unseren freien Tagen. Manchmal braucht man eben ein wenig Glück. XD Etwas komisch ist es allerdings schon so weit entfernt von jeglicher Zivilisation zu sein. In unserem Staff House, zum Beispiel, in dem wir leben ist die Waschmaschine defekt. Die Chefs meinten, dass ungefähr Mitte November die neue kommen könnte. Einmal wöchentlich rollt die Lieferung für die Küche mit dem Zug an und warmes Wasser ist auch eher Mangelware. Welcome to Churchill heißt es dann nur.  Wie lange wir hier sind ist noch nicht ganz klar. Dar sich die Stadt auf der Route der Eisbären von Süden nach Norden in das Packeis befindet, werden in den nächsten zwei Monaten ungefähr 600 dieser Tiere vorbei und teilweise auch durch die Stadt ziehen. Die 500 Meter zu Fuß in die Arbeit werden somit auch ziemlich spannend. Auf jeden Fall ist zu dieser Zeit Hochsaison und Massen an Touristen kommen in die 1000 Seelen Stadt um einmal in ihrem Leben das größte Landraubtier der Erde zu sehen.

Wir sind schon gespannt wann wir unseren ersten Polarbear sehen.

Grüße Sari und Chris